Natürlich ist der Konflikt zwischen Glauben und 'Verstand' heutzutage ausgeprägter als jemals zuvor, denn naturalistische Weltvorstellungen und Ideologien haben den Verstand erobert und behaupten, eine Deutungsinstanz zu besitzen, die Realität beschreiben zu können.
So werden im Zuge einer Unterwerfung unter diese Deutungshoheit von Christen wesentliche Bereiche des Wortes Gottes preisgegeben, indem die Texte neu bewertet und neu interpretiert werden, diesmal unter den Bedingungen des 'Verstandes' oder wie der Naturalismus es eleganter ausdrücken würde, unter rationalen und wenn möglich empirischen Voraussetzungen.
Dieser Rückzug wird kaschiert durch eine Wesentlichkeitsformel: 'Besinnung auf lebenswichtige Aussagen des Evangeliums'. Diese und ähnliche Rückzugsformeln werden verwendet um Raum zu schaffen neben der Heiligen Schrift eine neue Norm zu etablieren, die 'menschliche Vernunft' oder in negativer Anwendung, den 'Gebrauch des Verstandes'.
Kaum eine Diskussion, in der dieses neue Maß für eine Beurteilung der Bibelaussagen nicht gefordert würde.
Der Maßstab lautet nun nicht mehr 'Glauben' und 'Vertrauen' in die Zuverlässigkeit des Wortes Gottes, sondern das Empfinden, ob der Verstand etwas als plausibel annehmen kann. Natürlich handelt es sich bei dem Verstand dann um den naturalistisch verbildeten Verstand, der das innere Wissen ersetzt hat und sich als wissenschaftlich neutrale und objektive Methodik des Denkens tarnt.
Darauf fallen Christen nicht nur herein, sondern fallen um, wie Kegel von einer Bowlingkugel getroffen. Sie merken nicht, dass sich nicht eine neue Dimension der Erkenntnis für sie ergibt, sondern dass sie, wie Motten im Licht, ihrem geistigem Untergang entgegen schwirren.
Trunken vom erhebenden Gefühl einer Ratio, erfüllt sich das Versprechen des Teufels 'ihr werdet sein wie Gott', denn der Mensch möchte nicht beiseite treten und Gott Zutritt gewähren, sondern Herr im eigenen Haus sein.
Zuständig für die Beurteilung geistiger Dinge die von Gott kommen ist nun die neue Instanz - der Verstand.
Was ihm nicht überzeugend erscheint, was nicht evident im Sinne rationaler Erwägungen präsentiert wird, fällt nicht nur der Kritik anheim, sondern vielfältigen Umdeutungen, um sie mit materialistischen Vorstellungen kompatibel zu machen.
Sola ratio heißt das Goldene Kalb heutiger Bibelexegese.
Das fromme Gefühl mancher Christen klammert sich noch an einen Kern, 'das was wirklich heilsnotwendig erscheint', viele sind aber schon durchaus weiter und folgen einer verstandesmäßigen Wirklichkeitserklärung.
So glotzen die Kinder der Aufklärung zwar noch in die Bibel, sehen vor lauter Verstand und Vernunft aber nicht mehr den Inspirationscharakter und die Irrtumslosigkeit des Wortes Gottes.
Reduziere die Bibel auf die wesentlichen Punkte, flüstert ihnen der Verstand zu und glaube nicht die lächerlichen Geschichten, die man ungebildeten Hirten erzählte.
Es sind Märchen, angepasst an das Vorstellungsvormögen einfacher, unwissender Menschen, flüstert der Verstand weiter, nicht wichtig, unwesentliche Veranschaulichungen und ohne Bedeutung für das Evangelium.
Die Säure rational-wissenschaftlicher Kritik ätzt ganze Bereich der Bibel weg und Christen merken nicht mal, dass damit das Erlösungswerk Christi gar keine Grundlage mehr hat.
Es steht in der Luft und ist isoliert von den Grundlagen. Das führt unweigerlich zu Verständnisschwierigkeiten, die wiederrum dazu führen letzten Endes auch das Hiersein Christi in Frage zu stellen.
Natürlich wird dies nur noch bemerkt, wenn die Scheuklappen einer vorgeblich verstandesmäßigen Beurteilung abgelegt werden und der Maßstab nicht ein postuliertes Wissenschaftsbild von der Herkunft und die Entstehung der Welt zugrundegelegt wird, sondern die Autorität der Bibel Gültigkeit bekommt.
Vom Verstand ersonnene Hypothesen als eigentliche Offenbarungsquelle biblischer Erkenntnis, die Sprengkraft eines solchen Vorgehens muß man sich mal bewußt machen, um erkennen zu können, worauf man sich da einläßt.
Eine Reduzierung bzw. eine Aufgabe wesentlicher Aussagen der Bibel und ein Rückzug auf das persönliche Verhältnis zu Christus, auf die Heilsbotschaft oder auf eine biblische Moral, ist von der Schrift her nicht legitimiert, weil sie die Relevanz und den Zusammenhang aller Teile der Bibel in Abrede stellt.
Alles was einem biblischem Selbstzeugnis widerspricht und einem rationalistischem Wirklichkeitsveständnis geschuldet ist, darf und muß als Christ abgelehnt werden.
Der Zwiespalt der Forderung nach falsifizierbaren Fakten auf der einen Seite , um glauben zu können, und auf der anderen Seite existentielle und heilsrettende, rein glaubensmäßige Forderungen zu stellen und zu propagieren, kann nicht überbrückt werden und endet in Unglaubwürdigkeit.
Wie Jesus schon sagte, wer die irdischen Dinge nicht glaubt, wie wird er die himmlischen glauben?
Es zeigt sich, dass in der literalen Ablehnung und Umdeutung der Schöpfung eine Verwesungs-Theologie betrieben wird, die einen Verfall des Glaubens nach sich zieht. Diese Vermoderung läuft von außen nach innen und erfolgt gesetzmäßig nach naturalistischem Prinzip.