Zitat von Stojan im Beitrag #7
Auch wenn er hier auf eine ungute und existierende Problematik hinweist, geht es im Grunde immer darum, jegliche fundamentalistische Strömung 'im Dialog' aufzusaugen und zu vereinnahmen.
Beispiele wären hilfreich! Wenn fundamental angenommen wird, dass die Fossilien die ich nannte, schon miterschaffen wurden, weil es soo (wooo?) in der Bibel steht, dann sind auch die Knochen der riesigen Urviecher auch bei der Schöpfung in die Erde versenkt worden
Dann SPRACH die Schlange selbst vielleicht mit piepsender Stimme zu Eva persönlich, auch der Esel Bileams wahrscheinlich eher sonor?Vielleicht hilft das, sicher nicht bei Buchstabenklebern, Buchauszug:
Zitat
Hubert Schleichert
Wie man mit
Fundamentalisten diskutiert,
ohne den Verstand zu
verlieren
Anleitung zum subversiven Denken
Relativierung
Wir beginnen mit einem logischen Prinzip: Wenn es über eine Frage
mehrere, konkurrierende Thesen gibt, dann können diese nicht alle
gleichzeitig wahr, wohl aber alle gleichzeitig falsch sein,
Die Relativierung ist eine vorwiegend destruktiv benützte Argumentationsfigur.
Zu diesem Zweck wird der anzugreifenden These ein
Platz in einer größeren Menge von Alternativen angewiesen und damit
ihr Einmaligkeitsanspruch angezweifelt. Als Argument gegen die
These wird vorgebracht, daß über den in ihr behandelten Sachverhalt
auch ganz andere Standpunkte vertreten werden. Der daoistische Philosoph
Zhuangzi (China, 4. Jhdt. v. u. Z.) benützt das relativierende
Verfahren in vielen Variationen, etwa wie folgt:
Wenn der Mensch an einem feuchten Ort schläft, bekommt er Rheumatismus
und ist wie gelähmt. Nicht so der Schlammbeißer. Aber wenn
der auf einem Baum sitzt, dann zittert er vor Angst. Und wie steht es
mit den Affen? Wer von ihnen kennt also den richtigen Platz zum
Leben?
Der Mensch ißt Mastvieh, der Hirsch frißt Gras, der Tausendfüßler
delektiert sich an Würmern, die Eule frißt Mäuse. Wer von ihnen besitzt
also den richtigen Geschmack? Die Menschen haben ihre Schönheitsköniginnen;
aber wenn ein Fisch so eine Schönheit sieht, taucht er in
die Tiefe, und wenn ein Vogel sie sieht, fliegt er davon. Wer von ihnen
weiß also, was auf Erden wirklich schön ist?9
Was kann man mit diesem Argument eigentlich nachweisen, und
2. Elemente des Argumentierens
was will man damit nachweisen, welches Prinzip wird hier (stillschweigend)
verwendet? Es kommen zweierlei Prinzipien in Frage. Das
eine sagt:
(P1) Wenn über die Zuschreibung eines Begriffes K verschiedene
Beobachter zu verschiedenen Urteilen gelangen, dann muß K relativiert
werden.
Das heißt: Wenn zwei Beobachter B1 und B2 einander widersprechende
Urteile über denselben Sachverhalt abgeben, so ist das kein
Widerspruch, denn was B1 für K (z. B. für schön) ansieht, kann für B2
eventuell auch non-K (z. B. häßlich) sein. Deshalb ist der ursprüngliche,
„absolute" Begriff K als unbrauchbar zu verwerfen. Man kann nicht
schlechthin von einem idealen Lebensraum oder von Schönheit
sprechen. An die Stelle des Begriffs schön treten Begriffe wie schön für
einen Affen, schön für einen Hund, schön für einen Menschen. Die
Relativierung hat einen Hauch von Nihilismus an sich, weil man nicht
mehr naiv fragen kann: Was ist schön? Was ist häßlich?
Die Relativierung wird deutlich ungemütlicher, wenn es um moralische
Fragen geht. Ein und dieselbe Handlung wird vielleicht von
verschiedenen Menschen oder Völkern als gut bzw. schlecht angesehen.
Akzeptiert man hier das Prinzip (P1), so darf man nicht mehr
fragen, ob eine Handlung gut sei oder schlecht, sondern nur noch, ob sie
von bestimmten Menschen oder Kulturen für gut gehalten werde.
Noch kritischer wird es, wenn an die Stelle des Begriffes wahr relativierte
Begriffe wahr für mich, wahr für dich treten sollen. Damit
geht ein Begriff verloren, auf den wir kaum verzichten wollen, der
Begriff der Wahrheit. Hier stoßen wir auf eine typische Schwierigkeit
bei allen Argumentationen, deren Ziel die Toleranz ist, d. h. die Duldung
von mehreren, einander widersprechenden Meinungen, Glaubensbekenntnissen,
Ideologien. Im 16. Jahrhundert plädiert zum
Beispiel der Basler Humanist Castellion mit folgenden Worten für
Toleranz:
Nachdem ich viel darüber geforscht habe, was denn ein Häretiker sei,
habe ich nichts anderes gefunden als dies: Als Häretiker bezeichnen wir
alle, die nicht mit unserer Ansicht übereinstimmen. Das zeigt sich
daran, daß es kaum eine Sekte gibt (und sie sind heute zahllos), welche
nicht die anderen für häretisch hält. Das geht so weit, daß du, wenn du
in einer Stadt für rechtgläubig giltst, in der nächsten ein Häretiker bist.
So muß, wer heute in Frieden leben will, soviele Religionen haben, wie
es Städte oder Sekten gibt.10
2. Elemente des Argumentierens
Hier wird der Begriff Häretiker relativiert zu Häretiker in den Augen
eines so-und-so Gläubigen. Es folgt damit die Möglichkeit, daß
Religionen einander widerspruchsfrei wechselseitig für Häresien halten.
Dies hat die Konsequenz, daß auch der Begriff der Rechtgläubigkeit und
damit der (religiösen) Wahrheit relativiert wird. Jede Sekte, jede
Konfession, jede Ideologie beansprucht aber, im Besitz der einen,
absoluten, einzigen Wahrheit zu sein. Dem Verfechter von Toleranz
kann nun vorgeworfen werden, er bestreite die Existenz einer solchen
absoluten Wahrheit überhaupt, womit die ganze Religion der Beliebigkeit
ausgeliefert werde. In vielen Fällen zwingt aber die historische
Situation den Anwalt der Toleranz, einen derartigen Vorwurf entschieden
zurückzuweisen. Er wird also einräumen, daß es natürlich nur
eine einzige Wahrheit, eine einzige wahre Religion gebe. Oft ist dies
auch seine ehrliche Überzeugung.
Ist dies aber einmal eingeräumt, so wird die Toleranzargumentation
schwierig. Denn der Wahrheit kommt doch sicher ein Sonderstatus zu.
Daß es zu einer wahren These T oder der einen wahren Religion
unbegrenzt viele konkurrierende, aber falsche geben kann, ist trivial und
ändert nichts an der Sonderstellung der Wahrheit. Es ist für die
Wahrheit eines Satzes unerheblich, wieviele konkurrierende, falsche
Meinungen dazu geäußert werden.
Der Anwalt der Toleranz kann deshalb am ehesten für folgendes
Prinzip eintreten: (P2) Wenn es über eine Frage mehrere, voneinander
abweichende Ansichten gibt, zwischen denen man nicht entscheiden
kann, soll man gegen alle diese Ansichten tolerant sein.
Fatalerweise wird jeder überzeugte Anhänger einer Religion oder
Ideologie aber bestreiten, daß zwischen wahrem und falschem Glauben,
zwischen Orthodoxie und Häresie nicht objektiv und endgültig
entschieden werden könne. Folglich sei das gerade formulierte Toleranzprinzip
ohnehin nicht anwendbar. So kann es dahin kommen, daß
die streitenden Parteien sich in einem Punkt einig sind, der Verdammung
des Aufklärers, der für Toleranz eintritt.
Das slippery-slope-Prinzip11
Man argumentiert für eine These über einen strittigen Fall, indem man
auf einen anderen, nach allgemeiner Meinung unstrittigen, schrecklichen
hinweist, und behauptet, daß der strittige Fall nur eine Vorstufe
des schrecklichen sei. „Wehret den Anfängen!" ist eine prägnante
Kurzfassung dieses Prinzips: Abtreibung gehört verboten, denn wenn
2. Elemente des Argumentierens
man einmal damit beginnt, Leben zu zerstören, wo wird es noch Grenzen
geben! Abort in der 1. Woche soll erlaubt sein, in der 30. Woche nicht,
das ist inkonsequent! Und warum nicht auch Alte und Kranke töten?
Analog kann gegen die Anwendung gentechnischer Verfahren argumentiert
werden. Welche natürlichen oder unmittelbar einleuchtenden
Grenzen gibt es für die Veränderung menschlichen Erbguts, wenn sie
einmal möglich sein wird?.....