Liebe Mitleser,
beim Verständnis biblischer Prophezeiungen ist es m.E. wichtig zu beachten, daß es eine mehrfache Erfüllung geben kann. Wie Paulus sagt, sollten wir ja prophetische Äußerungen nicht mit Verachtung behandeln (1. Thess 5:22).
Ich denke da z.B. an die Prophezeiungen Jesajas über paradiesische Verhältnisse , die sich in kleinem Maße in symbolischer Weise im Nachexil erfüllt haben, aber im Großen erst im Millenium.
Ich glaube das die Nichtbeachtung dieses Umstandes zu allerlei Schwierigkeiten im Verständnis biblischer Prophezeiungen führt. Ein Beispiel wären die Endzeitprophezeiungen Jesu, die sich im kleinen und teilweise damals an Jerusalem erfüllten im Großen und vollständig aber erst in der Endzeit.
Eine vorzügliche Ausarbeitung über dieses Thema habe ich unter
http://www.come2god.de/2009/06/05/voraus...-der-prophetie/
gefunden
Zitat
Voraussetzungen zum rechten Verständnis der biblischen Prophetie
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Eine weitere Eigentümlichkeit sehen wir in der mehrfachen Erfüllung wohl der meisten prophetischen Aussagen des Wortes Gottes, d. h. in der bemerkenswerten Tatsache, daß der eigentlichen Vollerfüllung oder Enderfüllung häufig vorlaufende Erfüllungen vorangehen. So hat z. B. der eigentliche Antichrist eine Vielzahl von Vorläufern, die alle mehr oder weniger deutlich sein Gepräge tragen, angefangen von einem gewaltigen Nimrod über Nebukadnezar, Antiochus Epiphanes, Nero, Napoleon bis hin zu Hitler und Stalin. Doch auch unter den “Kleinen” dieser Erde fanden und finden sich seine Vorläufer, die es schon in den Tagen des Apostels Johannes gab (1. Joh. 2, 18.22). So sehr nun auch derartige Vorläufer die Züge des Antichristen an sich tragen mögen, so sind sie alle eben doch nur Vor- bzw. Teilerfüllung und noch nicht End- oder Vollerfüllung der Prophetie über den endzeitlichen Widerchristen.
Ähnlich steht es mit den Gerichten der Siegel, Posaunen und Zornschalen. So sehr ihnen auch die einstigen Gerichte Gottes an dem verstockten Pharao von Ägypten wie auch die hinter uns liegenden Gerichte zweier Weltkriege mit ihren Begleiterscheinungen ähneln mögen, so steht doch die eigentliche Vollerfüllung dieser Weissagungen bis zur Stunde noch aus, um im Verlauf der 70. Daniel’schen Jahrwoche endlich furchtbare Wirklichkeit zu werden.
Mit dieser Eigentümlichkeit der mehrfachen Erfüllung biblischer Weissagungen hängt es auch zusammen, daß eine prophetische Schau oftmals die Züge zweier verschiedener Persönlichkeiten in einem Bilde zusammenfaßt, so daß die eine für die andere durchscheinend oder “transparent” wird. Wir denken z. B. an die gewaltigen Bilder von Jes. 14, 3-20 und Hes. 28, 1-19, die uns beide den Fall Satans von seiner einstigen Höhe herab beschreiben, zugleich aber in beiden Fällen von einem menschlichen König reden, in Jes. 14 von dem König von Babel, in Hes. 28 von dem Fürsten von Tyrus. Der erstere wird nun zugleich als “Glanzstern, Sohn der Morgenröte” angesprochen (Jes. 14, 12), der letztere zugleich als “schirmender, gesalbter Cherub” (Hes. 28, 14). Eine Auslegung, die darin jeweils nur eine Persönlichkeit sehen zu dürfen glaubt, kann diesen Bezeichnungen keinesfalls gerecht werden. Denn von ein und derselben Person kann nun einmal nicht gesagt werden: “Da du doch ein Mensch bist” (Hes. 28, 2.9) und: “Du warst ein schirmender, gesalbter Cherub.” Entweder muß man eines von beiden als Ungenauigkeit oder Übertreibung deuten, oder aber — und das ist der einzige der Schrift gerecht werdende Weg — man erkennt die hier vorliegende Verflochtenheit zweier (sich in den Grundzügen gleichender und entsprechender) Persönlichkeiten in einer einzigen Schau.
Ähnliches liegt z. B. in Dan. 11, 21-45 vor, wo der König Antiochus Epiphanes mit dem endzeitlichen Antichristus in einem Bilde zusammengefaßt ist, wie vor allem auch in einer Vielzahl von Psalmen, wo hinter dem Leiden oder der Freude und Ehre des Psalmisten plötzlich Christus durchscheint.
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Weitere Beispiele auch unter http://wol.jw.org/de/wol/d/r10/lp-x/1200002686
Es gibt Christen, die den Gedanken, daß es eine Mehrfach-Erfüllung von Prophezeiungen gibt, grundsätzlich ablehnen. Sie sehen darin wohl die Gefahr willkürlicher Exegese, haben dann aber die von mir beschriebenen Probleme. Einige Ausleger (z.B. Bibelcenter.de, liebezurwahrheit.de) gehen dann folgerichtig davon aus, daß alles, was Jesus in den "Endzeitprophezeiungen) prophezeite sich im 1. Jhdt erfüllte, was dann natürlich vielfach nicht belegt werden kann.
Gruß
vom Schrat