Lieber Jurek,
die Frage nach der Bedeutung "Tag des Herrn" oder "des Herrn Tag" wurde hier nach meinem Archiv schon mal gestellt und auch von mir beantwortet. Ich finde es nur nicht wieder. Deswegen nochmal die Antwort:
Die am meisten vertretene Ansicht über <Offenbarung 1:10> "...durch Inspiration befand ich mich am Tag des Herrn..." ist die, daß hiermit die "letzten Tage" oder die "Endzeit" gemeint sei, bei Jehovas Zeugen die Zeit ab 1914.
Doch ich bin inzwischen zu der Überzeugung gekommen, daß die Offenbarung nicht erst Gültigkeit in der sogenannten "Zeit des Endes" hat, sondern schon damals begann sich zu erfüllen. Ihren Höhepunkt findet die Offenbarung "in der Zeit des Endes". Auch von der Grammatik her scheint es sich um "des Herrn Tag", also den Sabbat zu halten. Außerdem lenkt es wiederum den Focus auf diesen für Gott heiligen Tag, den eigentlich alle Menschen heilig halten sollten. Es ist ein Tag der Gnade und des Segens und der besonderen Verbindung zu Gott. An diesem Tag hat Gott den Johannes mit der Offenbarung und besonderer Erkenntnis gesegnet.
Das mit dem "Tag des Herrn" aus Offenbarung 1:10 wird unterschiedlich gedeutet.
Hier die Deutung von McDonald:
"1,10 Johannes war »im Geist«, d. h. er wandelte in ungebrochener Gemeinschaft mit ihm und war so in der richtigen Haltung, um göttliche Mitteilungen zu empfangen. Das erinnert uns daran,daß man, um zu hören, nahe genug sein muß. »Der HERR zieht ins Vertrauen, die ihn fürchten« (<Psa 25,14>). Es war »an des Herrn Tag«, d. h., am ersten Tag der Woche. Das war der Tag der Auferstehung Christi, zweier seiner Erscheinungen vor den Jüngern und der Tag des Kommens des Heiligen Geistes zu Pfingsten. Die Jünger versammelten sich zum Brotbrechen am Tag des Herrn und Paulus wies die Korinther an, am ersten Tag eine Kollekte zusammenzulegen. Einige sind der Ansicht, daß Johannes die Zeit des Gerichtes meint, über das er schreiben will, doch der Ausdruck dafür ist im Griechischen ein anderer."
McArthur sagt dazu folgendes:
"<Off 1,10> im Geist. Was Johannes erlebte, war kein Traum. Er wurde auf übernatürliche Weise im Wachzustand aus der materiellen Welt herausgenommen und in eine Erfahrung geführt, die über die natürliche Sinneswahrnehmung hinausging. Der Heilige Geist befähigte seine Sinne,
Offenbarungen von Gott wahrzunehmen (vgl. <Apg 10,11>). Tag des Herrn. Dieser Ausdruck kommt in vielen Schriften aus der Anfangszeit des Christentums vor und bezeichnet den Sonntag, den Tag der Auferstehung
des Herrn. Manche Gelehrten meinen, dieser Begriff bezeichne den endzeitlichen »Tag des Herrn«, aber der Kontext unterstützt diese Auslegung nicht, außerdem ist die grammatische Form des Wortes »Herrn« adjektivisch und unterscheidet sich somit vom eschatologischen »Tag des Herrn«, bei dem »Herrn« im Genitiv steht. gewaltige Stimme. Im ganzen Buch der Offenbarung weist eine laute Stimme auf die Erhabenheit dessen hin, was Gott nun offenbaren wird."
Der Walvoord-Kommentar (Brüdergemeinde) sagt nun genau das Gegenteil und ist in etwa identisch, was die WTG sagt:
" Die Offenbarung erreichte ihn am Tag des Herrn, als er vom Geist ergriffen war. Manche Exegeten sind der Ansicht, dass der "Tag desHerrn" hier eine Bezeichnung für den ersten Tag der Woche ist. Der Genetiv "des Herrn" ist im griechischen Text jedoch ein Adjektiv, und in dieser Form wird in der Bibel an keiner Stelle vom ersten Tag der Woche gesprochen. Johannes bezieht sich an dieser Stelle also wahrscheinlich auf jenen "Tag des Herrn", von dem sowohl im AT wie imNT immwer wieder die Rede ist (...Textbeispiele). "Vom Geist ergriffen" könnte auch mit "in meinem Geist" (vgl. <Off 4:2>,<Off 17:3>) übersetzt werden. Johannes wurde also in einer Vision - nicht leiblich - in jenen zukünftigen "Tag des Herrn" versetzt, an demGott über die Erde zu Gericht sitzen wird."
Kommentar aus "Bibelkommentare.de"
"
Tag des Herrn
1. Den Tag des Herrn kann man nicht vom Tag des Messias trennen. Er wird oft durch Gericht gekennzeichnet: „Ein Tag der Finsternis und der Dunkelheit, ein Tag des Gewölks und der Wolkennacht... denn groß ist der Tag des Herrn und sehr furchtbar." (<Joe 2,2.11>; <Joe 3,4>; <Mal 3,19>). „Der Tag des Herrn also kommt wie ein Dieb in der Nacht. Wenn sie sagen: Friede und Sicherheit! dann kommt ein plötzliches Verderben über sie." (<1.The 5:2,3>). „Es wird aber der Tag des Herrn kommen wie ein Dieb, an welchem die Himmel vergehen werden mit gewaltigem Geräusch, die Elemente aber im Brand werden aufgelöst und die Erde und die Werke auf ihr verbrannt werden." (<2. Pet 3,10>). Dieses Ereignis geht dem „Tag Gottes" in <2. Pet 3,12> voraus, der die neuen Himmel und die neue Erde ankündigt.
Es ist wichtig, den „Tag" deutlich von dem Kommen des Herrn, um die Heiligen zu holen, zu unterscheiden; viele haben diese Bezeichnung falsch angewendet und es ist mehrfach erklärt worden, dass der zweite Brief an die Thessalonicher an die Heiligen geschrieben wurde, um ihnen zu zeigen, dass der Tag des Herrn noch nicht gekommen ist, da sie in Gefahr standen, anderslautende Gedanken anzunehmen (<2. The 2,2>), obwohl der erste Brief an die Thessalonicher die Entrückung (<1. The 4,13-18>) deutlich von dem Tag des Herrn (>1. The 5,1-5>) unterscheidet. Dieser konnte aber nicht kommen, bevor der Antichrist geoffenbart worden war. Es werden Gerichte vor und nach dem Tausendjährigen Reich kommen, sodass wir annehmen können, dass der Tag des Herrn sich über das Tausendjährige Reich hinaus erstreckt: es wird der „Tag des Herrn" sein, im Unterschied zu dem „Tag des Menschen".
2. Der Sonntag. Dieser Ausdruck kommt nur in <Offenbarung 1,10> vor: Johannes war „an des Herrn Tag im Geist". Es war an dem Tag der Woche, an dem die Auferstehung des Herrn stattgefunden hatte. Es ist der erste Tag der Woche und deutet den Anfang einer neuen Ordnung von Dingen an. Es war der Tag, an dem die Jünger gewöhnlich zusammen kamen, um Brot zu brechen (<Apg 20,7>). Es gibt dazu keine Anordnung Gottes, aber die ersten Christen kamen am ersten Tag der Woche zusammen, sicher unter der Leitung des Geistes. Da dieser Tag durch die Auferstehung des Herrn der Anfang der Neuen Schöpfung ist, ist es der herausragende Tag in der Zeit der Christenheit.
Es ist buchstäblich „der dem Herrn gehörende" Tag (êõñéáêïò), eine Ausdrucksform, die sonst nur in Verbindung mit dem Abendmahl des Herrn „des Herrn Mahl" in <1. Korinther 11,20> auftritt.
Die Bezeichnung hier ist nicht mit dem sogenannten „Tag des Herrn" (siehe 1.) zu verwechseln, an dem der Herr wiederkommt.
Es ist ein Unterschied zwischen
- des "Herrn Tag"
- und des "Tag des Herrn".
Ich halte die Auslegung von McDonald und McArthur und auch der Adventisten für die Richtige. Wobei bei den Adventisten aus m.E. guten Gründen anstelle des Sonntags der Sabbath tritt.Das wäre ein Thema für sich, was ich woanders schon behandelt habe. Der Zusammenhang in der Offenbarung zeigt, dass nicht ein zukünftiger Tag gemeint ist, sondern die Aussagen sich auf einen buchstäblichen damaligen Tag beziehen. An diesem buchstäblichen Tag damals hörte er auch eine Stimme, wie eine Posaune!
Gruß
vom Schrat